Medikation

Hochrisikomedikament falsch übertragen

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Kritisches Ereignis

Darum geht es

Ein Hochrisikomedikament wurde statt wöchentlich täglich verabreicht; erst als Hautablösungen auftraten, fiel dies auf.

Bericht zum kritischen Ereignis/Bericht zum kritischen Ereignis

Originalbericht vom 27.10.2025

Was ist passiert?

Eine leitende Pflegefachkraft nahm noch am Freitag einen Kunden aus dem Krankenhaus kommend auf. Dabei übertrug sie die handschriftliche Medikamentenanordnung des Krankenhauses in den EDV-Medikamentenplan des Pflegedienstes hinsichtlich des Medikamentes „Methotrexat“ fehlerhaft. Statt der angeordneten Höchstdosierung „einmal wöchentlich“, trug sie „einmal täglich“ ein. Da die leitende Pflegefachkraft die aus dem Krankenhaus mitgegebenen Tabletten sofort stellte, fiel der Fehler erst dann auf, als bei dem Kunden großflächige Hautablösungen festgestellt wurden. Er verstarb rund vier Wochen später an einer Lungenentzündung.

  • Ja
    Es kam zu großflächigen Hautablösungen und verstarb rund vier Wochen später an einer Lungenentzündung.
  • Ambulante Pflege (z. B. Pflegedienst)

Diese Frage wurde nicht beantwortet.

  • Verantwortliche Pflegefachkraft (z. B. Pflegedienstleitung)

Diese Frage wurde nicht beantwortet.

Ein Vier-Augen-Prinzip hätte den Fehler sicherlich entdeckt. Insbesondere bei einem derart schwerwiegenden Präparat.

Diese Frage wurde nicht beantwortet.

Diese Frage wurde nicht beantwortet.

  • Andere

Fachliche Empfehlung

Einige Worte vorab: Wir bedanken uns für die Beiträge zum Pflege-CIRS. Über ein kritisches Ereignis zu berichten, kann Überwindung kosten. Gleichzeitig kann es helfen, solchen Situationen künftig vorzubeugen oder möglichst gut damit umzugehen. Mit den folgenden Tipps möchten wir Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Langzeitpflege fachlich unterstützen. Sie werden nach bestem Wissen erstellt, können aber nicht alle relevanten Aspekte und ebenfalls keine spezifischen organisationsbezogenen oder individuellen Bedingungen berücksichtigen.

Empfehlung

erstellt am: 07.11.2025

Wird ein Hochrisikomedikament in deutlich höherer Dosis verabreicht als ärztlich verordnet, kann dies zu erheblichen Gesundheitsproblemen bis hin zum Tod bei pflegebedürftigen Menschen führen. Daher ist es u. a. wesentlich, Übertragungsfehler im Medikationsplan zu verhindern. Aufgabe von Pflegefachpersonen ist es, Medikamente korrekt, entsprechend der ärztlichen Verordnung zu dokumentieren und sicherzustellen, dass diese wie verordnet verabreicht werden. Hierbei sind hohe Aufmerksamkeit, Konzentration und standardmäßige Kontrollmaßnahmen grundlegend.

Unsere Tipps zum Vorgehen bei einem solchen Ereignis

  • pflegebedürftige Person und ggf. Angehörige darüber informieren, dass das Medikament in zu hoher Dosis verabreicht wurde; um Entschuldigung für den Fehler bitten, Symptome erfragen und beobachten, über weiteres Vorgehen aufklären, nach Unterstützungsbedarf fragen
  • Arzt oder Ärztin unverzüglich informieren: Person, Medikament, Dosis, Zeitraum, beobachtete Symptome; außerhalb der Sprechzeit ärztlichen Bereitschaftsdienst 116 117 rufen, im lebensbedrohlichen Fall Notruf 112 wählen
  • ärztliche Anordnung in Absprache mit pflegebedürftiger Person und ggf. Angehörigen umsetzen und dokumentieren, ggf. Krankenhausaufnahme organisieren
  • Ereignis sachlich, genau und nachvollziehbar dokumentieren: Medikament, verabreichte Dosis, Beobachtungen bei der pflegebedürftigen Person, erfolgte und geplante Maßnahmen einschließlich ärztlicher Anordnung, aktueller Status
  • Vorgesetzten oder Vorgesetzte sowie nachfolgenden Dienst oder ggf. Rufbereitschaft mündlich informieren
  • Ereignis zeitnah in Team- oder Fallbesprechung reflektieren: Wer war beteiligt?, Was sind Ursachen (z. B. Plausibilitätscheck und Doppelkontrolle nicht durchgeführt)?, Wie geht es den Beteiligten?, Welche Maßnahmen wurden und werden ergriffen?
  • QM des Krankenhauses über das Ereignis informieren; hierbei gemeinsame multiprofessionelle Fallbesprechung anregen, um Präventionsmaßnahmen festzulegen, z. B. bundeseinheitlichen Medikationsplan sowie Pflegeüberleitungsbogen nutzen, Hochrisikomedikamente eindeutig kennzeichnen, Informationsblatt aushändigen, mündlich aufklären
  • kurzfristig interne Teamschulung zur Vermeidung von Übertragungsfehlern und zum sicheren Umgang mit Hochrisikomedikamenten organisieren

Unsere Tipps zur Prävention eines solchen Ereignisses

  • prinzipiell prüfen, ob die ärztliche Verordnung eindeutig lesbar, vollständig und plausibel ist; ggf. Informationen zum Medikament einholen, z. B. Rote Liste - Medikamenten-App; bei Unklarheit Arzt oder Ärztin kontaktieren, ggf. für eindeutige Dokumentation sorgen
  • Hochrisikomedikamente eindeutig kennzeichnen, z. B. mit Warnhinweis im Medikationsplan; Patientenkarte beilegen (z. B. BfArM: Patientenkarte für Methotrexathaltige Arzneimittel); Medikament evtl. getrennt von täglicher Medikation aufbewahren
  • beim Übertragen der Verordnung in Medikationsplan auf ruhige, ungestörte und gut beleuchtete Umgebung achten; vor Beginn kurz innehalten und Aufmerksamkeit vollständig hierauf richten
  • nach Übertragen ärztliche Verordnung und Medikationsplan erneut abgleichen; möglichst zusätzlich durch Kollegen oder Kollegin kontrollieren lassen; ggf. digitale Hilfsmittel (z. B. KI-gestützte Scan-App) nutzen
  • nachfolgenden Dienst grundsätzlich über Änderungen im Medikationsplan informieren (insbesondere bei Hochrisikomedikamenten), z. B. telefonisch und über Pflegedokumentationssoftware: u. a. Dosis, Applikationsintervall und Risiken herausstellen
  • beim Umgang mit Hochrisikomedikamenten organisationsintern Doppelkontrolle einführen: Medikament prinzipiell nach dem Richten und vor dem Verabreichen mit ärztlicher Verordnung/Medikationsplan abgleichen; ggf. Kontrolle durch technische Hilfsmittel oder zweite Pflegefachperson zeitlich und/oder örtlich voneinander unabhängig durchführen; bei Unsicherheit Medikamente neu richten
  • bei Einnahme von Hochrisikomedikation pflegebedürftige Person besonders aufmerksam auf Neben- und Wechselwirkungen beobachten, z. B. bei Methotrexat u. a. Schädigung der Haut, Husten, Fieber, Übelkeit; ggf. umgehend Arzt oder Ärztin informieren
  • Medikationspläne regelmäßig prüfen: Aktualität, Vollständigkeit, Übersichtlichkeit, Plausibilität dabei auch auf eindeutige Applikationsintervalle und besondere Kennzeichnung der Hochrisikomedikation achten; ggf. bei Arzt oder Ärztin nach aktualisiertem Medikationsplan fragen
  • organisationsbezogenen Medikationsprozess überprüfen und ggf. anpassen; in Abstimmung der Apotheke Liste mit Hochrisikomedikamenten erstellen und im Dienstraum aushängen (z. B. an internationaler Liste ISMP List of High-Alert Medications in Long-Term Care (LTC) Settings orientieren); abwägen, ob individuelle Verblisterung angeregt werden sollte
  • organisationsinterne Verfahrensanweisung für sichere Medikation erstellen, z. B. im Qualitätszirkel; dabei u. a. Kontrollschritte nach Übertragung der ärztlichen Verordnung, Umgang mit unbekannten Medikamenten und Hochrisikomedikamenten beschreiben; Mitarbeitende hierüber informieren
  • Mitarbeitende regelmäßig zu Medikationssicherheit (einschließlich Informationsweitergabe, Doppelkontrolle, Plausibilitätskontrolle und Dokumentation bei Hochrisikomedikation) schulen; dazu z. B. auch Apotheke und Arzt oder Ärztin anfragen
  • kurze Lerneinheiten (Microlearning) einführen, etwa mithilfe von Lernpostern (One-Minute-Wonder) zu Hochrisikomedikamenten, sowie simulatives Lernen (z. B. Room of Horrors) nutzen
  • pflegebedürftige Person und Angehörige in den Medikationsprozess einbeziehen, z. B. ermutigen, im Zweifel professionell Pflegende auf evtl. falsch gerichtete Medikamente oder neue Symptome aufmerksam zu machen; zur Medikationssicherheit beraten und anleiten, dafür z. B. ZQP-Kurzratgeber Sicherheit bei der Medikation nutzen

Allgemeine Tipps zum Umgang mit kritischen Ereignissen

  • feste Zeiten und Regeln vereinbaren, um im Team konstruktiv über kritische Ereignisse zu sprechen, z. B. bei Dienstübergaben, in Teambesprechungen, im Rahmen von Fallbesprechungen oder Kollegialer Beratung
  • kurzfristige, situationsbezogene Fortbildungen organisieren
  • Instrument nutzen, um kritische Ereignisse anonym zu berichten und zu bearbeiten, z. B. einrichtungsinternes Berichts- und Lernsystem oder einrichtungsübergreifend das Pflege-CIRS

Weitere Infos & Material

Die Empfehlungen sind als fachliche Anregungen zu verstehen und ersetzen nicht die individuelle Rechtsberatung im konkreten Fall. Sie wurden nach bestem Wissen erstellt. Das ZQP übernimmt für die Richtigkeit keine Gewähr und haftet nicht für Schäden.
Stand: 07.11.2025