Medikation

Medikamente vertauscht und falsch verabreicht

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Kritisches Ereignis

Darum geht es

Gleich aussehende Medikamentenflaschen wurden vertauscht; der Klient erhielt die Medikation mehrere Tage in falscher Dosierung und Häufigkeit.

Bericht zum kritischen Ereignis/Bericht zum kritischen Ereignis

Originalbericht vom 21.05.2025

Was ist passiert?

Vertauschte Medikamente: Patient erhielt 2 flüssige Medikamente, die in der Apotheke angemischt werden. Beide Medikamente sind in braunen Flaschen und haben einen roten Deckel. Die Angehörigen haben auf den Deckel zusätzlich den Namen des Medikaments geschrieben, damit sie es leichter auseinander halten können, wenn keine Pflegekraft vor Ort ist, um die Medikamente zu richten. Das hat dazu geführt, dass sich die Pflegekräfte auch nur noch nach dem Namen auf dem Deckel gerichtet haben und nicht mehr aufs Etikett geschaut haben. Nach mehreren Tagen fiel dann auf, dass jemand wohl die Deckel der beiden Medikamente vertauscht hatte und der Patient über mehrere Tage beide Medikamente in der falschen Dosierung und Häufigkeit bekommen hat.

  • Nein
  • Ambulante Pflege (z. B. Pflegedienst)
  • Weiß nicht
  • Pflegebedürftige Person (z. B. Klient/‑in, Bewohner/‑in)
  • Pflegefachperson
  • Andere
    Angehörige
  • Anderes
    Nicht mehr aufs Etikett geschaut beim Richten der Medikamente, mehrere Medikamentenflaschen gleichzeitig geöffnet gehabt und dadurch Deckel vertauscht

- Jedes Medikament einzeln richten, Verpackungen wieder verschließen, so kommt es nicht zum Vertauschen von Verschlußkappen
- Medikament vor dem Richten anhand des Etiketts überprüfen
- in der Apotheke anfragen, ob verschiedenfarbige Verpackungen der Flaschen gewählt werden können

Info an behandelnden Arzt, laut seiner Aussage keine Intervention nötig

  • Nein
  • Pflegefachperson

Fachliche Empfehlung

Einige Worte vorab: Wir bedanken uns für die Beiträge zum Pflege-CIRS. Über ein kritisches Ereignis zu berichten, kann Überwindung kosten. Gleichzeitig kann es helfen, solchen Situationen künftig vorzubeugen oder möglichst gut damit umzugehen. Mit den folgenden Tipps möchten wir Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Langzeitpflege fachlich unterstützen. Sie werden nach bestem Wissen erstellt, können aber nicht alle relevanten Aspekte und ebenfalls keine spezifischen organisationsbezogenen oder individuellen Bedingungen berücksichtigen.

Empfehlung

erstellt am: 27.05.2025

Wenn Medikamentenverpackungen ähnlich aussehen (Look Alike), kann dies zu Verwechslungen führen. Werden Medikamente in der Folge nicht so verabreicht wie ärztlich verordnet, z. B. in falscher Dosierung und Häufigkeit, kann dies schwerwiegende gesundheitliche Folgen für pflegebedürftige Menschen haben. Eine wichtige Voraussetzung für eine sichere Medikation ist u. a., dass professionell Pflegende vor dem Richten und Verabreichen prüfen, ob es sich um das richtige Medikament handelt. Maßgeblich sind dabei das Originaletikett und der Medikationsplan.

Folgende aus unserer Sicht geeignete Maßnahmen wurden laut Bericht umgesetzt: Arzt oder Ärztin informiert

Unsere Tipps zum Vorgehen bei einem solchen Ereignis

  • pflegebedürftiger Person und ggf. Angehörigen mitteilen, dass die Medikamente verwechselt wurden; Symptome erfragen; um Entschuldigung bitten; weiteres Vorgehen besprechen
  • Arzt oder Ärztin über die Verwechslung der Medikamente informieren u. a. zu Zeitraum, Dosierung und ggf. Symptomen; außerhalb der Sprechzeit ärztlichen Bereitschaftsdienst anrufen: 116 117
  • ärztliche Anordnung in Absprache mit der pflegebedürftige Person und ggf. Angehörigen umsetzen, z. B. regelmäßige Vitalzeichenkontrolle, ärztliche Untersuchung oder Krankenhausaufnahme organisieren
  • Ereignis sachlich, genau und nachvollziehbar dokumentieren: Situation, Reaktion der pflegebedürftigen Person und ggf. Angehöriger, Symptome, ärztliche Anordnung, Maßnahmen
  • nachfolgenden Dienst informieren, z. B. telefonisch oder über Pflegedokumentations-Software: Medikationsfehler, Symptome, erfolgte Maßnahmen, aktueller Status, weiteres Vorgehen
  • Vorgesetzten oder Vorgesetzte über das Ereignis und erfolgte Maßnahmen informieren; ggf. weitere Maßnahmen abstimmen

Unsere Tipps zur Prävention eines solchen Ereignisses

  • Ereignis in Teambesprechung reflektieren: über mögliche Ursachen, z. B. ähnliche Verpackung (Look Alike), und Risiken sprechen; Maßnahmen vereinbaren
  • ähnliche Verpackungen (Look Alike) farblich kennzeichnen, z. B. Name des Medikaments auf der Originalverpackung rot unterstreichen und dies auf dem Medikationsplan vermerken; mit der Apotheke besprechen, ob individuell angefertigte Medikamente in deutlich unterscheidbaren Verpackungen bereitgestellt werden können, z. B. verschiedene Farben der Flaschen oder der Etiketten
  • Ablenken oder Unterbrechen beim Richten von Medikamenten strikt vermeiden; für gute Lichtverhältnisse sorgen; jedes Medikament einzeln richten
  • vor Verabreichen von Medikamenten prinzipiell überprüfen: richtige Person, richtiges Medikament, richtige Dosierung, richtige Applikationsform, richtiger Zeitpunkt; Doppelkontrolle anhand von zwei Informationsquellen vornehmen, z. B. gerichtete Medikamente vor dem Verabreichen mit ärztlicher Anordnung und Pflegedokumentation abgleichen (Kontrolle im Medikationsprozess); im Zweifel Medikamente neu richten
  • organisationsbezogenes Medikamentenmanagement überprüfen und ggf. anpassen, z. B. Zuständigkeiten, mündliche Informationsweitergabe und Dokumentation, Ablauforganisation und Einhaltung von Regeln
  • pflegebedürftige Person und ggf. Angehörige zur Medikationssicherheit beraten und anleiten, z. B. dazu ZQP-Kurzratgeber Sicherheit bei der Medikation nutzen; ermutigen, im Zweifel professionell Pflegende auf falsch gerichtete Medikamente oder neu auftretende Symptome aufmerksam zu machen
  • organisationsinterne Richtlinie für sichere Medikation erstellen, z. B. im Qualitätszirkel; alle Mitarbeitenden hierüber informieren
  • Mitarbeitende regelmäßig zu Medikationssicherheit schulen; dazu evtl. auch Apotheke und Arzt oder Ärztin einbeziehen; zudem kurze Lerneinheiten (Microlearning), etwa mithilfe von Lernpostern (One-Minute-Wonder), sowie simulatives Lernen (z. B. Room of Horrors) nutzen
  • feste Zeiten und Regeln vereinbaren, um im Team konstruktiv über kritische Ereignisse zu sprechen, z. B. bei Dienstübergaben, in Teambesprechungen, im Rahmen von Fallbesprechungen oder Kollegialer Beratung
  • Instrument nutzen, um kritische Ereignisse anonym zu berichten und zu bearbeiten, z. B. einrichtungsinternes Berichts- und Lernsystem oder einrichtungsübergreifend das Pflege-CIRS

Weitere Infos & Material

Die Empfehlungen sind als fachliche Anregungen zu verstehen und ersetzen nicht die individuelle Rechtsberatung im konkreten Fall. Sie wurden nach bestem Wissen erstellt. Das ZQP übernimmt für die Richtigkeit keine Gewähr und haftet nicht für Schäden.
Stand: 27.05.2025