Medikation

Betäubungsmittel-Tropfen in zu hoher Dosis verabreicht

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Kritisches Ereignis

Darum geht es

Betäubungsmittel-Tropfen wurden nicht entsprechend der ärztlichen Anordnung gerichtet; ein Bewohner erhielt wiederholt eine zu hohe Dosis.

Bericht zum kritischen Ereignis/Bericht zum kritischen Ereignis

Originalbericht vom 20.10.2025

Was ist passiert?

Palliativer Bewohner hat morgens und mittags falsche Dosierung von BTM-Tropfen bekommen. Anstelle von 2 Tropfen waren es jedes Mal 8 Tropfen.
Eine Auszubildende hat die Tropfen gestellt und eine Fachkraft vom anderen Wohnbereich stand dahinter, beide haben die Zahl falsch abgelesen.

  • Nein
  • Stationäre Pflege (z. B. Altenpflegeeinrichtung)
  • Frühdienst
  • Wochenende/feiertags
  • Pflegefachperson
  • Pflegeauszubildende/‑r oder ‑studierende/‑r
  • Anderes
    zu schnell auf die Verordnung geschaut und eine falsche Zahl abgelesen und dies nicht nochmal überprüft, Pflegefachperson hat nicht nachkontrolliert, Fachkraft hat währenddessen über ein anderes Thema gesprochen und sich mit dem BTM-Heft befasst

Konzentration, doppelte Absicherung, Fachkraft hätte selbst nochmal genauer an den PC gehen sollen um nachzulesen und nicht von Weitem abnicken sollen und mit der Konzentration bei der Dosierung bleiben sollen

- Vitalzeichen engmaschig messen
- Palliative Ärztin informiert
- Wohnbereichsleitung hat Ursachen dokumentiert

  • Nein
  • Qualitätsbeauftragte/‑r

Fachliche Empfehlung

Einige Worte vorab: Wir bedanken uns für die Beiträge zum Pflege-CIRS. Über ein kritisches Ereignis zu berichten, kann Überwindung kosten. Gleichzeitig kann es helfen, solchen Situationen künftig vorzubeugen oder möglichst gut damit umzugehen. Mit den folgenden Tipps möchten wir Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Langzeitpflege fachlich unterstützen. Sie werden nach bestem Wissen erstellt, können aber nicht alle relevanten Aspekte und ebenfalls keine spezifischen organisationsbezogenen oder individuellen Bedingungen berücksichtigen.

Empfehlung

erstellt am: 27.10.2025

Werden Betäubungsmittel (BtM) in höherer Dosis als ärztlich verordnet verbreicht, kann das bei pflegebedürftigen Menschen zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen. Dazu gehören Atemdepression (verminderte Atmung), Delir (akute Verwirrtheit), Benommenheit bis hin zum Koma. Für pflegebedürftige Menschen kann dies lebensbedrohlich sein. Eine wesentliche Aufgabe von Pflegefachpersonen ist es, Medikamente korrekt, entsprechend der ärztlichen Anordnung, zu richten und zu verabreichen. Hierbei sind hohe Aufmerksamkeit und Konzentration grundlegend. Wenn Auszubildende Medikamente richten, muss dies unter Anleitung und Aufsicht einer Pflegefachpersonen erfolgen. Hierbei muss diese u. a. prüfen und sicherstellen, dass die Dosis korrekt ist.

Folgende aus unserer Sicht geeignete Maßnahmen wurden laut Bericht umgesetzt: Vitalzeichen gemessen | Ärztin informiert | Ursachen dokumentiert

Unsere Tipps zum Vorgehen bei einem solchen Ereignis

  • pflegebedürftige Person und ggf. Angehörige darüber informieren, dass das ärztlich verordnete Medikament in zu hoher Dosis verabreicht wurde; um Entschuldigung für den Fehler bitten; Symptome erfragen und beobachten; über Risiken und das weiteres Vorgehen aufklären
  • Arzt oder Ärztin über Fehler bei der Verabreichung der BtM-Tropfen informieren (Person, Medikament, Menge, Zeitraum); ggf. Symptome berichten, z. B. Benommenheit, Verwirrtheit, Übelkeit, Miosis (verengte Pupillen), Atemdepression; außerhalb der Sprechzeit ärztlichen Bereitschaftsdienst kontaktieren: 116 117
  • ärztliche Anordnung in Absprache mit pflegebedürftiger Person und ggf. Angehörigen umsetzen und dokumentieren, z. B. regelmäßige Vitalzeichenkontrolle, Symptombeobachtung, ggf. Krankenhausaufnahme organisieren
  • Dokumentation im BtM-Buch prüfen und ggf. nachvollziehbar korrigieren (z. B. falls tatsächlich verabreichte Dosis von zuvor dokumentierter abweicht); dabei organisationsinterne Vorgaben zu Korrekturen im BtM-Buch beachten
  • Ereignis sachlich, genau und nachvollziehbar dokumentieren: Angaben zum falsch verabreichten BtM, Beobachtungen bei der pflegebedürftigen Person (z. B. mögliche Symptome), erfolgte Maßnahmen einschließlich ärztlicher Anordnung, aktueller Status; außerdem Ereignis bei Dienstübergabe berichten
  • Vorgesetzten oder Vorgesetzte über das Ereignis informieren; weitere Maßnahmen abstimmen, z. B. kurzfristige Teamschulung zum Umgang mit BtM; dafür z. B. DGP-Schulungsunterlagen BtM sicher einsetzen nutzen
  • als Vorgesetzter oder Vorgesetzte zeitnah Gespräch jeweils mit Pflegefachperson und Auszubildendem oder Auszubildender suchen: Ereignis ruhig und sachlich nachbesprechen; keine Schuldzuweisung; konkret verdeutlichen, wie in solchen Situationen gehandelt werden muss; ggf. Praxisanleiter oder Praxisanleiterin einbeziehen; Unterstützung anbieten

Unsere Tipps zur Prävention eines solchen Ereignisses

  • Ereignis in Teambesprechung reflektieren: Ursachen (z. B. Konzentration, Arbeitsorganisation) sowie Risiken einer fehlerhaften BtM-Dosis besprechen; Maßnahmen vereinbaren, um ein solches Ereignis künftig zu vermeiden, hierzu Zuständigkeiten festlegen
  • Medikamente ausschließlich durch dafür ausgebildetes Personal richten und verabreichen; Auszubildende beim Umgang mit Medikamenten durch Pflegefachperson anleiten und beaufsichtigen (z. B. ärztliche Anordnung laut vorlesen lassen, gegenprüfen und Tropfen-Anzahl beim Richten mitzählen); dabei Ausbildungsstand und Kompetenzen berücksichtigen
  • beim Richten von Medikamenten auf ruhige, ungestörte und gut beleuchtete Umgebung achten; vor Beginn der Aufgabe kurz innehalten und die Aufmerksamkeit vollständig hierauf richten; Ablenkung oder Unterbrechung nur im Notfall zulassen
  • Aufgaben standardmäßig schrittweise umsetzen, z. B. 1. Ärztliche Anordnung im individuellen Medikationsplan prüfen, 2. Tropfen aus dem BtM-Schrank entnehmen und richten, 3. BtM aus dem BtM-Buch vollständig austragen und Medikament wieder verschließen, 4. BtM der pflegebedürftigen Person direkt verabreichen
  • Medikamente vor Verabreichen durch Kollegen oder Kollegin (Pflegefachperson) kontrollieren lassen (Doppelkontrolle)
  • ärztliche Anordnung im Medikationsplan auf Verständlichkeit/Nachvollziehbarkeit prüfen; Arzt oder Ärztin ggf. anregen, die Dosis des Medikaments eindeutig zu dokumentieren (z. B. 2 Tropfen = X mg)
  • Lernsituation zur Medikationssicherheit für Auszubildende mit Praxisanleiter oder Praxisanleiterin vereinbaren
  • pflegebedürftige Person und Angehörige in den Medikationsprozess einbeziehen, z. B. ermutigen, im Zweifel professionell Pflegende auf falsch gerichtete Medikamente aufmerksam zu machen; zur Medikationssicherheit beraten und anleiten, dafür z. B. ZQP-Kurzratgeber Sicherheit bei der Medikation nutzen
  • organisationsinterne Richtlinie/Verfahrensanweisung für sichere Medikation erstellen, z. B. im Qualitätszirkel; darin auch Umgang mit BtM beschreiben; Mitarbeitende hierüber informieren
  • Mitarbeitende regelmäßig zu Medikationssicherheit schulen; dazu z. B. auch Apotheke und Arzt oder Ärztin anfragen; zudem kurze Lerneinheiten (Microlearning), etwa mithilfe von Lernpostern (One-Minute-Wonder), sowie simulatives Lernen (z. B. Room of Horrors) und ein internes oder einrichtungsübergreifende Berichts- und Lernsystem (CIRS) nutzen
  • feste Zeiten und Regeln vereinbaren, um im Team konstruktiv über kritische Ereignisse zu sprechen, z. B. bei Dienstübergaben, in Teambesprechungen, im Rahmen von Fallbesprechungen oder Kollegialer Beratung

Weitere Infos & Material

Die Empfehlungen sind als fachliche Anregungen zu verstehen und ersetzen nicht die individuelle Rechtsberatung im konkreten Fall. Sie wurden nach bestem Wissen erstellt. Das ZQP übernimmt für die Richtigkeit keine Gewähr und haftet nicht für Schäden.
Stand: 27.10.2025