Medikation

Tablette nach ungeeigneter Verabreichung im Mund verblieben

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Kritisches Ereignis

Darum geht es

Einem Bewohner wurden Tabletten im Liegen verabreicht; erst später fiel auf, dass diese im Mund verblieben sind.

Bericht zum kritischen Ereignis/Bericht zum kritischen Ereignis

Originalbericht vom 18.05.2025

Was ist passiert?

Eine pflegenden Fachperson in der Nacht hat medikamente im Liegen an einer Bewohner mit Parkinson verabreicht. BW hat mit offenen Mund geschlafen und einer andere Fachperson sah wie die Medikamente noch im Mundhöhle klebt. Mit Angst versucht die pflegende die Tablete noch herauszunehmen da Bw sonst aspiriern könnte. BW reagiert mit mund zu schliessen und verletzt die mitarbeiterin

  • Ja
    Verletzung im Finger von MA
  • Stationäre Pflege (z. B. Altenpflegeeinrichtung)
  • Frühdienst
  • Pflegebedürftige Person (z. B. Klient/‑in, Bewohner/‑in)
  • Pflegefachperson
  • Weiß nicht

BW kein Medi im Schlaf und liegend verabreichen und überprüfen ob BW dies schluckt

noch nichts

  • Ja
    wie konnte man die Tbl herausnehmen ohne das das risiko besteht von bissen
  • Pflegefachperson

Fachliche Empfehlung

Einige Worte vorab: Wir bedanken uns für die Beiträge zum Pflege-CIRS. Über ein kritisches Ereignis zu berichten, kann Überwindung kosten. Gleichzeitig kann es helfen, solchen Situationen künftig vorzubeugen oder möglichst gut damit umzugehen. Mit den folgenden Tipps möchten wir Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Langzeitpflege fachlich unterstützen. Sie werden nach bestem Wissen erstellt, können aber nicht alle relevanten Aspekte und ebenfalls keine spezifischen organisationsbezogenen oder individuellen Bedingungen berücksichtigen.

Empfehlung

erstellt am: 26.05.2025

Werden Medikamente nicht bedarfsgerecht verabreicht, z. B. im Liegen, stellt dies ein Gesundheitsrisiko für pflegebedürftige Menschen dar. Es kann dazu kommen, dass Medikamente nicht geschluckt werden können und in der Folge nicht richtig wirken. Zudem besteht das Risiko einer Aspiration (Eindringen von Flüssigkeit oder festen Stoffen in die Atemwege). Eine Parkinson-Krankheit kann dieses Risiko zusätzlich erhöhen, z. B. durch eine einhergehende Dysphagie (Schluckstörung). Eine Aspiration kann zu Atemnot oder einer Aspirationspneumonie führen und lebensbedrohlich sein. Eine wichtige Aufgabe von professionell Pflegenden ist es, Medikamente wie ärztlich verordnet zu verabreichen. Dabei gilt es, Regeln der sicheren Medikamentengabe einzuhalten und bedarfsgerecht vorzugehen. Dazu gehört u. a., situativ angemessen bei der Einnahme zu unterstützen sowie die vollständige Einnahme zu prüfen.

Unsere Tipps zum Vorgehen bei einem solchen Ereignis

  • pflegebedürftige Person behutsam wecken, Situation erklären und bitten, die Tabletten auszuspucken oder mit Wasser zu schlucken; falls das nicht möglich ist, bitten, die Tablette aus dem Mund entfernen zu dürfen: „Ich habe gesehen, dass Sie noch Medikamente im Mund haben. Darf ich nachschauen und sie entfernen, damit Sie sich nicht verschlucken?“
  • einfühlsam und vorsichtig vorgehen, jeden Schritt ankündigen
  • pflegebedürftige Person möglichst aufrecht positionieren, Kopfteil hochstellen
  • bitten, den Mund zu öffnen; ggf. durch sanftes Streichen um Mund und Lippen dazu anregen (basale Stimulation)
  • Öffnen und Offenhalten des Mundes ggf. unterstützen, z. B. Zeigefinger zwischen Unterlippe und Kinn legen und das Kinn vorsichtig nach unten drücken (Kieferkontrollgriff); zum Offenhalten ggf. Zahnbänkchen oder Mundsperrer aus Schaumstoff nutzen; Tabletten z. B. mit einem Tupfer oder einer Kompresse entfernen
  • auf Selbstschutz achten, z. B. Hilfsmittel zum Entfernen der Tabletten nutzen, dabei beachten: bei Hilfsmitteln aus Metall besteht ein höheres Verletzungsrisiko für die pflegebedürftige Person, z. B. wenn sie unerwartet die Zähne zusammenbeißt
  • Arzt oder Ärztin informieren, dass verordnete Medikamente nicht oder nicht vollständig eingenommen wurden; Situation schildern; möglichst genaue Angaben zu der im Mund verbliebenen Tablette machen, dazu Medikationsplan einbeziehen
  • ärztliche Anordnung in Absprache mit pflegebedürftiger Person umsetzen und dokumentieren, z. B. Medikation nachreichen, Symptomkontrolle; außerhalb der Sprechzeit ärztlichen Bereitschaftsdienst anrufen: 116 117
  • bei Verdacht auf Aspiration, z. B. bei beeinträchtigter Atmung, Benommenheit oder Bewusstlosigkeit der pflegebedürftigen Person, Kollegen oder Kollegin zur Hilfe rufen, Erste-Hilfe leisten, Notruf wählen (112); pflegebedürftige Person beruhigen und nicht allein lassen, z. B. „Ich bin da und helfe Ihnen.“
  • Vorgesetzten oder Vorgesetzte zeitnah über das Ereignis und erfolgte Maßnahmen informieren; weitere Maßnahmen abstimmen
  • zeitnahen Gesprächstermin mit der pflegebedürftigen Person und ggf. Angehörigen zum Umgang mit dem Ereignis vereinbaren; dabei darüber informieren, dass Medikamente nicht korrekt verabreicht wurden; um Entschuldigung für den Vorfall bitten; weiteres Vorgehen besprechen
  • Ereignis zeitnah sachlich und lösungsorientiert bei der Pflegefachperson, die die Medikamente verabreicht hat, ansprechen, nicht persönlich angreifen, vorschlagen, das Ereignis im Team zu besprechen
  • Ereignis, Reaktion der pflegebedürftigen Person und Maßnahmen bei Dienstübergabe berichten, sachlich und ohne Schuldzuweisung
  • kurzfristig Team-Schulung zur sicheren Medikamentengabe und Aspirationsprophylaxe organisieren

Unsere Tipps zur Prävention eines solchen Ereignisses

  • Ereignis in Teambesprechung reflektieren: über mögliche Ursachen für die ungeeignete Tablettengabe (z. B. Fachwissen, Zeitdruck) und damit verbundene Risiken (z. B. Aspiration) sowie das Vorgehen beim Entfernen der Tablette (z. B. überraschend, zu schnell) sprechen; Maßnahmen vereinbaren; ggf. multiprofessionelle Fallbesprechung organisieren
  • individuelle Risikofaktoren identifizieren und bedarfsgerechtes Vorgehen bei der oralen Medikamentengabe ableiten sowie dokumentieren, z. B.: prüfen, ob die pflegebedürftige Person ausreichend wach ist, ihre Körperposition zum Schlucken geeignet ist und die Medikamente geschluckt wurden
  • bei wiederholten Problemen bei der nächtlichen Tablettengabe, alternative Darreichungsform beim Arzt oder bei der Ärztin erfragen (z. B. als Saft oder Suspension)
  • organisationsinterne Richtlinie für eine sichere Medikation erstellen oder überprüfen und ggf. anpassen, z. B. im Qualitätszirkel; Mitarbeitende hierüber informieren
  • organisationsbezogenes Medikamentenmanagement überprüfen und ggf. anpassen, z. B. Zuständigkeiten, mündliche Informationsweitergabe und Dokumentation, Ablauforganisation
  • Mitarbeitende regelmäßig zu Medikationssicherheit und Aspirationsprophylaxe schulen; dabei evtl. auch Apotheke und Arzt oder Ärztin einbeziehen; zudem kurze Lerneinheiten (Microlearning), etwa mithilfe von Lernpostern (One-Minute-Wonder), sowie simulatives Lernen (z. B. Room of Horrors) nutzen
  • feste Zeiten und Regeln vereinbaren, um im Team konstruktiv über kritische Ereignisse zu sprechen, z. B. bei Dienstübergaben, in Teambesprechungen, im Rahmen von Fallbesprechungen oder Kollegialer Beratung
  • Instrument nutzen, um kritische Ereignisse anonym zu berichten und zu bearbeiten, z. B. einrichtungsinternes Berichts- und Lernsystem oder einrichtungsübergreifend das Pflege-CIRS

Weitere Infos & Material

Die Empfehlungen sind als fachliche Anregungen zu verstehen und ersetzen nicht die individuelle Rechtsberatung im konkreten Fall. Sie wurden nach bestem Wissen erstellt. Das ZQP übernimmt für die Richtigkeit keine Gewähr und haftet nicht für Schäden.
Stand: 26.05.2025