Medikation

Falsche Tablette verabreicht

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Kritisches Ereignis

Darum geht es

Einem Bewohner wurden Tabletten verabreicht, die für eine andere Person vorgesehen waren.

Bericht zum kritischen Ereignis/Bericht zum kritischen Ereignis

Originalbericht vom 25.06.2025

Was ist passiert?

Patient bekam ausversehen kochsalztabletten 500gr [Nachtrag/Korrektur zum Bericht nach Rückfrage vom CIRS-Team: 2 Kochsalztabletten je 225mg eine, wurde dem falschen Bewohner verabreicht]

  • Nein
  • Stationäre Pflege (z. B. Altenpflegeeinrichtung)
  • Nachtdienst
  • Pflegebedürftige Person (z. B. Klient/‑in, Bewohner/‑in)
  • Pflegefachperson
  • Kommunikationsprobleme
  • Mangelnde Organisation

Pflegefachkraft dürfte den pflegehilfkraft nein sagen statt erlauben Medikament dem Patient geben und Medikament nicht unbeobachtet lassen

Bewohner wurde auf Nebenwirkungen beobachtet, 300 Wasser getrunken, Arzt Kontakt nicht aufgenommen Dokumentation nicht durchgeführt

  • Ja
    Bei 500gr kochsalztabletten arztkontakt esentiel ?
    Welche strafe erwartet pflegefachkraft?
  • Pflegefachperson

Fachliche Empfehlung

Einige Worte vorab: Wir bedanken uns für die Beiträge zum Pflege-CIRS. Über ein kritisches Ereignis zu berichten, kann Überwindung kosten. Gleichzeitig kann es helfen, solchen Situationen künftig vorzubeugen oder möglichst gut damit umzugehen. Mit den folgenden Tipps möchten wir Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Langzeitpflege fachlich unterstützen. Sie werden nach bestem Wissen erstellt, können aber nicht alle relevanten Aspekte und ebenfalls keine spezifischen organisationsbezogenen oder individuellen Bedingungen berücksichtigen.

Empfehlung

erstellt am: 10.07.2025

Wenn ärztlich angeordnete Medikamente bzw. Präparate von professionell Pflegenden nicht entsprechend zugeteilt und daher falsch eingenommen werden, kann das zu gesundheitlichen Problemen bei pflegebedürftigen Menschen führen. Das gilt auch für Kochsalz-Tabletten, selbst wenn diese gemeinhin als Nahrungsergänzungsmittel gelten. So kann es z. B. bei einer Überdosierung zu einem Elektrolytungleichgewicht (Mineralstoffstörung) und in Folge u. a. zu Übelkeit, vermehrtem Durst, Blutdruckanstieg oder Ödemen (Flüssigkeit im Gewebe) kommen.

Unabhängig vom Medikament bzw. Präparat ist es für die Sicherheit pflegebedürftiger Menschen entscheidend, dass diese von professionell Pflegenden entsprechend der ärztlichen Anordnung fachgerecht verabreicht werden. Dazu gehört u. a., alle gerichteten Medikamente bzw. Präparate vor der Weitergabe an Bewohner oder Bewohnerinnen mit dem individuellen Medikationsplan abzugleichen (z. B. richtige Person, richtige Dosierung).

Folgende aus unserer Sicht geeignete Maßnahmen wurden laut Bericht umgesetzt: Bewohner beobachtet

Hinweis zur pflegefachlichen Frage: Die Information an den Arzt oder die Ärztin sollte in diesem Fall spätestens am Morgen nach dem Nachtdienst erfolgen. Zur haftungsrechtlichen Frage kann das CIRS-Team keine Auskunft geben. Hierfür wäre individuelle Rechtsberatung einzuholen.

Unsere Tipps zum Vorgehen bei einem solchen Ereignis

  • pflegebedürftige Person und ggf. Angehörige informieren, dass versehentlich Kochsalz-Tabletten verabreicht wurden; um Entschuldigung bitten; Symptome erfragen und beobachten; über weiteres Vorgehen informieren, z. B. dass das Medikamentenmanagement überprüft und verbessert wird
  • Arzt oder Ärztin über falsch verabreichtes Präparat informieren: Wer? Was? Wieviel?; ärztliche Anordnung (z. B. erhöhte Trinkmenge) dokumentieren; außerhalb der Sprechzeit ärztlichen Bereitschaftsdienst anrufen: 116 117
  • als Pflegefachperson alle gerichteten Medikamente bzw. Präparate (einschließlich Nahrungsergänzungsmittel, z. B. Kochsalz-Tabletten) mit den individuellen Medikationsplänen abgleichen und prüfen: Name der pflegebedürftigen Person und des Medikaments bzw. Präparats, Darreichungsform, Applikationsart, Dosis, Einnahmezeit
  • im Zweifel Medikamente bzw. Präparate durch Pflegefachperson neu richten und eindeutig kennzeichnen
  • Ereignis sachlich, genau und nachvollziehbar dokumentieren: Angaben zum falsch verabreichten Präparat, Beobachtungen bei der pflegebedürftigen Person (z. B. mögliche Symptome), erfolgte Maßnahmen einschließlich ärztlicher Anordnung, aktueller Status; außerdem Ereignis bei Dienstübergabe berichten
  • Vorgesetzten oder Vorgesetzte über das Ereignis informieren; ggf. weitere Maßnahmen abstimmen, z. B. kurzfristige Teamschulung zur Medikationssicherheit

Unsere Tipps zur Prävention eines solchen Ereignisses

  • als Pflegefachperson ärztlich angeordnete Medikamente bzw. Präparate (einschließlich Nahrungsergänzungsmittel, z. B. Kochsalz-Tabletten) vor Verabreichung eindeutig, einheitlich und gut lesbar kennzeichnen: Name der pflegebedürftigen Person und des Medikaments bzw. Präparats, Dosis, Darreichungsform, Applikationsart, Einnahmezeit
  • vor dem Verabreichen mit ärztlicher Anordnung bzw. Medikationsplan abgleichen; Aktualität der Dokumente regelmäßig prüfen
  • direkt vor Weitergabe an die pflegebedürftige Person kurz innehalten und kontrollieren: richtige Person? richtiges Medikament? richtige Dosierung? richtige Darreichungsform? richtige Applikationsart? richtiger Zeitpunkt?
  • ggf. vor Verabreichung pflegebedürftige Person nach ihrem Namen fragen; evtl. Barcodesystem, z. B. bewohnerbezogene Gegenstände und Dispenser mit Barcode verwenden
  • zu Dienstbeginn Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Team genau absprechen; sich gegenseitig ermutigen, Unklarheiten oder Unterstützungsbedarf anzusprechen, z. B. bei Medikamentengabe; hierzu auch Speak Up-Ansatz nutzen; als Pflegehilfskraft ggf. delegierte Aufgaben bei fehlender Kompetenz oder Unsicherheit ablehnen
  • organisationsbezogenes Medikamentenmanagement überprüfen und ggf. anpassen, z. B. Kontrollprozess, Zuständigkeiten, Ablauforganisation; ggf. prüfen, ob Verblisterung der Medikamente durch Apotheke für Pflegeeinrichtung sinnvoll ist
  • organisationsinterne Richtlinie für sichere Medikation erstellen, z. B. im Qualitätszirkel; Mitarbeitende hierüber informieren
  • Mitarbeitende regelmäßig zu Medikationssicherheit schulen; dazu z. B. auch Apotheke und Arzt oder Ärztin anfragen; zudem kurze Lerneinheiten (Microlearning), etwa mithilfe von Lernpostern (One-Minute-Wonder), sowie simulatives Lernen (z. B. Room of Horrors) nutzen
  • pflegebedürftige Menschen in den Medikationsprozess einbeziehen und ermutigen, Auffälligkeiten anzusprechen, z. B. ungewohntes Aussehen der Medikamente, unüblicher Zeitpunkt
  • pflegebedürftige Menschen und ggf. Angehörige zur Medikationssicherheit beraten und anleiten, dazu z. B. ZQP-Kurzratgeber Sicherheit bei der Medikation nutzen
  • feste Zeiten und Regeln vereinbaren, um im Team konstruktiv über kritische Ereignisse zu sprechen, z. B. bei Dienstübergaben, in Teambesprechungen, im Rahmen von Fallbesprechungen oder Kollegialer Beratung
  • Instrument nutzen, um kritische Ereignisse anonym zu berichten und zu bearbeiten, z. B. einrichtungsinternes Berichts- und Lernsystem oder einrichtungsübergreifend das Pflege-CIRS

Weitere Infos & Material

Die Empfehlungen sind als fachliche Anregungen zu verstehen und ersetzen nicht die individuelle Rechtsberatung im konkreten Fall. Sie wurden nach bestem Wissen erstellt. Das ZQP übernimmt für die Richtigkeit keine Gewähr und haftet nicht für Schäden.
Stand: 10.07.2025