Sepsis-Anzeichen nicht erkannt

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Kritisches Ereignis

Darum geht es

Erst als ein Bewohner nicht ansprechbar war, wurde ärztliche Hilfe geholt; zuvor zeigten sich bereits Symptome einer Sepsis.

Bericht zum kritischen Ereignis/Bericht zum kritischen Ereignis

Originalbericht vom 09.04.2025

Was ist passiert?

Nutzer mit einer diagnostizierten vaskulären Demenz: Versorgungsform Kurzzeitpflege; über Tage verhaltensauffällig, ließ sich zum Teil nicht von Mitarbeitern versorgen (aggressiv), Getränke und Nahrung hat er nur begrenzt zu sich genommen. Bewohner wurde über den Verlauf von 2 Tagen schläfrig, bis nicht mehr erweckbar, Temperaturanstieg auf 40 Card.
In der Tagen vor dem Ereignistages war der Nutzer unruhig und hat nicht geschlafen. Am Nachmittag, inkl der Nacht vor dem Ereignistag schlief die Person durch (Versorgung war hier schon kaum möglich) und war am Ereignistag nicht mehr erweckbar. In der Übergabe zum Nacht/Frühdienst wurde auf die Situation verwiesen. Durch PHK erfolgte eine Rückmeldung zur veränderten Versorgungssituation an die Fachkraft inkl. der nicht möglichen Nahrungsaufnahmen und Verabreichung der bereitgestellten Medikamente, keine Ausscheidung. Fachkraft unternahm nach Aussage die fachliche Bewertung der Situation: Schlafdefizit nicht erweckbar. Durch die Bewertung der PDL und EL wurde erkannt, dass der Nutzer Fieber, Tachykard sowie eine Hypotonie zeigte. Zudem roch es in dem Zimmer unangenehm süsslich und stechend. Notarzt wurde alarmiert. Verdachtsdiagnose Urosepsis.

  • Ja
    Nutzer im Krankenhaus verstorben. Die Todesursache aufgrund Multimorbidität.
  • Stationäre Pflege (z. B. Altenpflegeeinrichtung)
  • Frühdienst
  • Pflegebedürftige Person (z. B. Klient/‑in, Bewohner/‑in)
  • Pflegefachperson
  • Verantwortliche Pflegefachkraft (z. B. Pflegedienstleitung)
  • Andere
    Einrichtungsleitung
  • Kommunikationsprobleme
    Keine Kommunikation mit PDL oder EL
  • Persönliche Faktoren
    Fehlendes Wissen

Wissen um die Symptomatik eines Schocks oder Sepsis
Messung der Vitalzeichen;
regelmäßige Kontrollgänge durch die Fachkraft;
Einfordern von Unterstützung durch andere Wohnbereiche oder PDL und EL

Aufarbeitung und Klärung der Situation
Mitarbeitergespräche

  • Ja
    Es fehlen externe Schulungsangebote für Fachkräfte zu gängigen Krankheitsbildern, deren Pflegemaßnahmen und Prävention.
  • Andere
    Einrichtungsleitung

Fachliche Empfehlung

Einige Worte vorab: Wir bedanken uns für die Beiträge zum Pflege-CIRS. Über kritische Ereignisse zu berichten, kann Überwindung kosten. Gleichzeitig kann es helfen, solchen Situationen künftig vorzubeugen oder möglichst gut damit umzugehen. Mit den folgenden Tipps möchten wir Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Langzeitpflege fachlich unterstützen. Sie werden nach bestem Wissen erstellt, können aber nicht alle relevanten Aspekte und ebenfalls keine spezifischen organisationsbezogenen oder individuellen Bedingungen berücksichtigen.

Empfehlung

erstellt am: 17.04.2025

Werden Anzeichen für eine Infektion nicht rechtzeitig erkannt und daher nicht behandelt, kann sich daraus eine Sepsis entwickeln. Für pflegebedürftige Menschen ist dies lebensbedrohlich. Wichtig ist daher, Anzeichen zu kennen, dafür aufmerksam zu sein und eine Behandlung zeitnah einzuleiten. Bei Menschen mit Demenz ist hierbei zu beachten, dass sie Beschwerden mitunter nicht benennen können. Zudem können einige Symptome einer Demenz ebenfalls bei einer schweren Infektion auftreten, z. B. Verwirrung, Schläfrigkeit. Aufgabe von Pflegefachpersonen ist es, Anzeichen für Gesundheitsprobleme bei pflegebedürftigen Menschen einzuschätzen und zeitnah Maßnahmen zur ärztlichen Abklärung und Behandlung einzuleiten. Dafür sind u. a. eine aufmerksame Beobachtung der pflegebedürftigen Person, Fachwissen zu Symptomen und eine zeitnahe Informationsweitergabe wesentlich.

Folgende aus unserer Sicht geeignete Maßnahmen wurden laut Bericht umgesetzt: Ereignis aufgearbeitet | Gespräche mit Mitarbeitenden geführt

Unsere Tipps zum Vorgehen bei einem solchen Ereignis

  • nach Verlegung der pflegebedürftigen Person als Vorgesetzter oder Vorgesetzte zeitnah ein Vier-Augen-Gespräch mit den beteiligten Kollegen und Kolleginnen suchen: Ereignis ruhig und sachlich nachbesprechen; keine Schuldzuweisung; konkret verdeutlichen, wie in solchen Situationen gehandelt werden muss; Unterstützung anbieten
  • Ereignis bei Dienstübergabe ansprechen sowie sachlich, genau und nachvollziehbar dokumentieren: Symptomverlauf bei der pflegebedürftigen Person, erfolgte Maßnahmen und weiteres Vorgehen (z. B. Fallbesprechung organisieren)
  • als Leitungsperson ggf. zu Angehörigen Kontakt aufnehmen: Beileid bekunden; erfragen, wie der Verlauf nach Krankenhauseinweisung war; nach aktueller Situation und Unterstützungsbedarf der Angehörigen fragen; erläutern, wie in der Organisation mit dem Ereignis umgegangen wird

Unsere Tipps zur Prävention eines solchen Ereignisses

  • Ereignis in Team-, oder Fallbesprechung reflektieren: mögliche Ursachen (z. B. fehlendes Fachwissen, unzureichende Informationsweitergabe) und Risiken; Maßnahmen vereinbaren
  • pflegebedürftige Menschen mit Demenz regelmäßig nach Bedürfnissen und Beschwerden fragen; einfache, kurze Sätze formulieren, z. B. „Haben Sie Durst?“, „Haben Sie Schmerzen?“ Besonders auf die Körpersprache achten, z. B. Unruhe, Abwehr; ggf. Instrument zur Schmerzeinschätzung bei Demenz nutzen, z. B. BESD-Skala
  • bei Verhaltenssymptomen pflegebedürftiger Menschen mit Demenz, z. B. Unruhe oder Aggressivität, möglichst umfassend denkbaren Auslösern nachgehen, z. B.: neue Umgebung? Durst? Schmerzen? Ggf. Angehörige kontaktieren und um Einschätzung des Verhaltens bitten
  • Vitalzeichen messen, wenn sich der Allgemeinzustand von pflegebedürftigen Menschen verändert, z. B. Puls, Blutdruck und Temperatur
  • Arzt oder Ärztin informieren, u. a. bei: Verhaltensveränderungen, Vitalzeichen außerhalb des Normbereichs, geringer Trinkmenge, ausbleibender Medikamentengabe, Harnverhalt; außerhalb der Sprechzeit ärztlichen Bereitschaftsdienst anrufen: 116 117; im Notfall, z. B. bei Schläfrigkeit/Bewusstlosigkeit, sofort den Notruf 112 wählen und Erste-Hilfe-Maßnahmen einleiten
  • zu Beginn einer Kurzzeitpflege mit pflegebedürftigen Menschen und Angehörigen Aufenthalt planen: u. a. nach Besonderheiten bei der Pflege fragen, z . B. Umgang mit abwehrendem Verhalten, Anzeichen für Schmerzen oder Unwohlsein; Telefonnummer von Angehörigen notieren
  • gegenseitig im Team ermutigen, anzusprechen, wenn bei der Pflege etwas auffällt oder Bedenken zur Versorgung bestehen (Speak Up-Ansatz); ggf. erfahrene Kollegen oder Kolleginnen anderer Wohnbereiche hinzuziehen und bitten, die Situation einzuschätzen; Vorgesetzen oder Vorgesetzte informieren; weitere Maßnahmen abstimmen
  • Mitarbeitende regelmäßig zur Erkennung von Sepsis schulen; zudem kurze Lerneinheiten (Microlearning), etwa mithilfe von Lernpostern (One-Minute-Wonder), sowie simulatives Lernen (z. B. Room of Horrors) nutzen
  • feste Zeiten und Regeln vereinbaren, um im Team konstruktiv über kritische Ereignisse zu sprechen, z. B. bei Dienstübergaben, in Teambesprechungen, im Rahmen von Fallbesprechungen oder Kollegialer Beratung
  • Instrument nutzen, um kritische Ereignisse anonym zu berichten und zu bearbeiten, z. B. einrichtungsinternes Berichts- und Lernsystem oder einrichtungsübergreifend das Pflege-CIRS
  • pflegebedürftigen Menschen, Angehörigen sowie professionell Pflegenden Angebote zur Aufklärung über Sepsis zur Verfügung stellen, z. B. Flyer, Checkliste, Taschenkarte der Kampagne „Deutschland erkennt Sepsis“

Weitere Infos & Material

Die Empfehlungen sind als fachliche Anregungen zu verstehen und ersetzen nicht die individuelle Rechtsberatung im konkreten Fall. Sie wurden nach bestem Wissen erstellt. Das ZQP übernimmt für die Richtigkeit keine Gewähr und haftet nicht für Schäden.
Stand: 17.04.2025