Beatmung

Verschluss der Trachealkanüle

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Kritisches Ereignis

Darum geht es

Bei einer Klientin kam es zum Verschluss der Trachealkanüle; dies führte zum kurzfristigen Abfall der Sauerstoffsättigung und beinahe zur Erstickung.

Bericht zum kritischen Ereignis/Bericht zum kritischen Ereignis

Originalbericht vom 21.05.2025

Was ist passiert?

Setting in der außerklinischen Intensivpflege, über Trachealkanüle heimbeatmete Patientin. In der Nacht alarmiert das Beatmungsgerät und auch der Heimmonitor zeigt einen Sättigungsabfall, bei zunehmender Zyanose der Patientin versucht die Pflegekraft endotracheal abzusaugen, ohne Erfolg. Der hinzukommende Angehörige zieht kurzerhand die geblockte Kanüle aus dem Stoma, wobei auffällt, dass sich der Cuff unten über das Ende der Kanüle gestülpt und sich diese dadurch verschlossen haben muss. Dies ist im Grunde nur möglich, wenn der vorgesehene Cuffdruck ignoriert und der Cuff überblockt worden ist. Patientin erholt sich schnell, es entsteht kein dauerhafter Schaden.

  • Beinahe
    deutliche Zyanose der Patientin, die erst durch das beherzte Eingreifen des Angehörigen behoben wurde
  • Ambulante Pflege (z. B. Pflegedienst)
  • Nachtdienst
  • Pflegebedürftige Person (z. B. Klient/‑in, Bewohner/‑in)
  • Pflegefachperson
  • Andere
    Angehörige
  • Anderes
    Entweder Unwissenheit der Pflegekraft oder fehlerhaftes Cuffdruckmessgerät. Konnte nicht geklärt werden.

- die Pflegekraft den Cuffdruck standardmäßig überprüft hätte (viell. haben auch die Angehörigen an der Kanüle manipuliert?)
- das vorhandene Material (hier der Cuffdruckmesser) zu Dienstbeginn auf seine Funktionstüchtigkeit überprüft worden wäre
- der Cuff nach ärztl. Anordnung geblockt worden wäre

Angehörige waren anwesend, mussten nicht informiert werden, Pflegedienstleitung wurde informiert, Patientin überwacht

  • Nein
  • Qualitätsbeauftragte/‑r

Fachliche Empfehlung

Einige Worte vorab: Wir bedanken uns für die Beiträge zum Pflege-CIRS. Über ein kritisches Ereignis zu berichten, kann Überwindung kosten. Gleichzeitig kann es helfen, solchen Situationen künftig vorzubeugen oder möglichst gut damit umzugehen. Mit den folgenden Tipps möchten wir Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Langzeitpflege fachlich unterstützen. Sie werden nach bestem Wissen erstellt, können aber nicht alle relevanten Aspekte und ebenfalls keine spezifischen organisationsbezogenen oder individuellen Bedingungen berücksichtigen.

Empfehlung

erstellt am: 05.06.2025

Ein Verschluss der Trachealkanüle bei heimbeatmeten Menschen, z. B. durch eine Cuffhernie (Blockermanschette verschiebt sich vor Tubusöffnung), ist lebensbedrohlich. In Folge kann es z. B. zu einem Sauerstoffmangel und zur Lungenschädigung, bis hin zur Erstickung kommen. Zudem kann ein solcher Vorfall zu erheblicher psychischer Belastung bis hin zu Traumatisierung bei der pflegebedürftigen Person führen. Ursache einer Cuffhernie kann u. a. ein zu hoher Cuffdruck (i. d. R. maximal 20-25 cmH₂O) sein. Eine Aufgabe von Pflegefachpersonen ist der fachgerechte Umgang mit Tracheostoma und Trachealkanülen. Dazu gehört z. B., die Funktionsfähigkeit des Cuffdruck-Messers vor Verwendung zu prüfen, für die Einhaltung des ärztlich angeordneten Cuffdrucks zu sorgen, Anzeichen für Beatmungsprobleme zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

Folgende aus unserer Sicht geeignete Maßnahmen wurden laut Bericht umgesetzt: Pflegedienstleitung informiert | Klientin überwacht

Unsere Tipps zum Vorgehen bei einem solchen Ereignis

  • bei Anzeichen einer Cuffhernie (z. B. Abfall Sauerstoffsättigung, Zyanose, Anstieg Beatmungsdruck, Blutdruckabfall, erfolgloses Absaugen) Cuff sofort entblocken; Trachealkanüle wechseln; Beatmung fortführen
  • Vitalzeichen und Beatmungsparameter weiter beobachten, z. B. Sauerstoffsättigung, Beatmungsdruck; Arzt oder Ärztin über Ereignis informieren: Symptome, mögliche Ursachen, erfolgte Maßnahmen; weiteres Vorgehen besprechen, z. B. Krankenhauseinweisung organisieren
  • bei anhaltender Erstickungsgefahr Arzt oder Ärztin (bei Bedarf Notarzt/Notärztin, Tel. 112) zur Hilfe rufen; ggf. Klient oder Klientin vorübergehend mit Beatmungsmaske/Atembeutel beatmen; ärztliche Anweisungen umsetzen; pflegebedürftige Person nicht unbeaufsichtigt lassen, Sicherheit vermitteln
  • Vorgesetzten oder Vorgesetzte sowie nachfolgenden Dienst oder ggf. Rufbereitschaft informieren, z. B. telefonisch oder über Pflegedokumentationssoftware
  • Ereignis sachlich, genau und nachvollziehbar dokumentieren: Situation, erfolgte Maßnahmen, Folgen, aktueller Status, ärztliche Anordnung, Reaktion pflegebedürftiger Person und Angehöriger
  • als Vorgesetzter oder Vorgesetzte Ereignis zeitnah sachlich und lösungsorientiert mit der Pflegefachperson besprechen, z. B. „Bei Frau X kam es zum Notfall. Wie hast du die Situation erlebt? Was kann dir helfen, in solchen Situationen sicher zu handeln?“
  • mit pflegebedürftiger Person und ggf. Angehörigen über das Ereignis und mögliche Ursachen sprechen; Unterstützung anbieten, z. B. für psychische Verarbeitung; weiteres Vorgehen, insbesondere zur künftigen Vermeidung eines solchen Vorfalls, besprechen
  • organisationsintern kurzfristig Teamschulung zum sicheren Umgang mit Tracheostoma mit Trachealkanülen und Verhalten im Notfall organisieren

Unsere Tipps zur Prävention eines solchen Ereignisses

  • Ereignis in Teambesprechung reflektieren: mögliche Ursachen (z. B. mangelnde Prüfung des Cuffdruck-Messers, fehlendes Fachwissen zur Cuffdruck-Höhe, Verhalten im Notfall, Zusammenarbeit zwischen Pflegedienst und Angehörigen), Maßnahmen und Zuständigkeiten
  • Cuffdruck bei Dienstbeginn und situationsbezogen prüfen, z. B. nach Positionswechsel der pflegebedürftigen Person, nach Trachealkanülen-Wechsel; im Zweifel ggf. mit Ersatzgerät gegenprüfen; zusätzlich pflegebedürftige Menschen nach Befinden fragen, z. B. Schmerzen im Hals; auf Atemgeräusche achten, z. B. Zischen; Vitalzeichen und Beatmungsparameter beobachten
  • für Cuffdruck im ärztlich angeordneten Bereich sorgen (i. d. R. maximal 20-25 cmH₂O); Abweichungen mit Arzt oder Ärztin, pflegebedürftiger Person und ggf. Angehörigen abstimmen; nach jeder Messung Cuffdruck mit Datum und Uhrzeit dokumentieren
  • ggf. mit Arzt oder Ärztin abstimmen, ob eine kontinuierliche, automatisierte Cuffdruck-Messung sinnvoll ist
  • Hilfsmittel für den Notfall stets griffbereit halten, z. B. Ersatzkanüle, Tracheal-Spreizer, Absauggerät; zweite Person für den Trachealkanülen-Wechsel hinzuziehen
  • ausschließlich Mitarbeitende für die fachpflegerische Versorgung von Menschen mit Trachealkanülen bzw. Beatmung einsetzen, die hierfür qualifiziert sind; Einsatzplan entsprechend rechtzeitig prüfen, Hintergrunddienste einplanen, ggf. Tourenplan anpassen
  • Mitarbeitende regelmäßig zum Umgang mit Tracheostoma mit Trachealkanülen und entsprechenden Hilfsmitteln sowie zum Verhalten im Notfall schulen; weitere Mitarbeitende qualifizieren, z. B. Atemtherapeut/Atemtherapeutin, Pflegefachkraft für außerklinische Intensiv- und Beatmungspflege
  • Mitarbeitende grundsätzlich in neue Hilfsmittel einweisen; dabei sicherheitsrelevante Aspekte thematisieren
  • Hilfsmittel nur einsetzen, wenn eine Einweisung erfolgt ist; ggf. erneute Einweisung einfordern; auch Kollegen und Kolleginnen dazu ermutigen
  • organisationsintern verantwortliche Person für Hilfsmittel benennen; diese für sicherheitstechnische Kontrolle sowie Einweisung und Schulung von Kollegen und Kolleginnen qualifizieren; ggf. Beauftragte für Medizinproduktesicherheit einsetzen
  • Funktionsfähigkeit von Hilfsmitteln, z. B. Cuffdruck-Messer, vor jedem Einsatz prüfen; bei Fehlern oder Problemen nicht einsetzen und als nicht funktionsfähig kennzeichnen; organisationsintern verantwortliche Person informieren, z. B. Beauftragte für Medizinproduktesicherheit
  • pflegebedürftige Menschen und ggf. Angehörige ermutigen, Beobachtungen anzusprechen, z. B. wenn die Trachealkanülen-Pflege nicht fachgerecht erscheint oder Hilfsmittel nicht funktionieren; Beratung und Anleitung anbieten, dafür z. B. ZQP-Ratgeber Beatmung nutzen
  • organisationsinterne Richtlinie zur Versorgung von pflegebedürftigen Menschen mit Tracheostoma mit Trachealkanüle und Beatmung erstellen oder anpassen, z. B. im Qualitätszirkel; dabei u. a. Trachealkanülen-Wechsel, Umgang mit Hilfsmitteln (z. B. Cuffdruck-Messer) und Notfallmaßnahmen berücksichtigen; Mitarbeitende hierüber informieren
  • feste Zeiten und Regeln vereinbaren, um im Team konstruktiv über kritische Ereignisse zu sprechen, z. B. bei Dienstübergaben, in Teambesprechungen, im Rahmen von Fallbesprechungen oder Kollegialer Beratung
  • Instrument nutzen, um kritische Ereignisse anonym zu berichten und zu bearbeiten, z. B. einrichtungsinternes Berichts- und Lernsystem oder einrichtungsübergreifend das Pflege-CIRS

Weitere Infos & Material

Die Empfehlungen sind als fachliche Anregungen zu verstehen und ersetzen nicht die individuelle Rechtsberatung im konkreten Fall. Sie wurden nach bestem Wissen erstellt. Das ZQP übernimmt für die Richtigkeit keine Gewähr und haftet nicht für Schäden.
Stand: 05.06.2025