Mobilisation

Sturz mit Knochenbruch

Drucken

InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis minimieren

99 / 99

Kritisches Ereignis

Darum geht es

Bewohner stürzte beim unbegleiteten Toilettengang und erlitt einen Oberschenkelhalsbruch.

Bericht zum kritischen Ereignis/Bericht zum kritischen Ereignis

Originalbericht vom 02.05.2025

Was ist passiert?

Sturzereignis, beim Toilettengang.

  • Ja
    Oberschenkelhalsbruch
  • Stationäre Pflege (z. B. Altenpflegeeinrichtung)
  • Frühdienst
  • Wochenende/feiertags
  • Pflegebedürftige Person (z. B. Klient/‑in, Bewohner/‑in)
  • Kommunikationsprobleme
    mit Klienten
  • Meinungsverschiedenheit/Konflikt
    Klient klingelte nicht, trotz Absprache
  • Persönliche Faktoren
    Kontraktur linkes Bein, reduzierter körperlicher Zustand
  • Ausstattung
    Rollator

Hätte der Bewohner geklingelt, wäre die Pflegekraft zur Begleitung ins Zimmer gekommen.

Kontakt/ Information zu Hausarzt, Betreuer, Klientin hat einen Bewegungsmelder ins Zimmer erhalten. Matratze vors Bett. Steigerung der Kontrollgänge

  • Nein
  • Qualitätsbeauftragte/‑r

Fachliche Empfehlung

Einige Worte vorab: Wir bedanken uns für die Beiträge zum Pflege-CIRS. Über kritische Ereignisse zu berichten, kann Überwindung kosten. Gleichzeitig kann es helfen, solchen Situationen künftig vorzubeugen oder möglichst gut damit umzugehen. Mit den folgenden Tipps möchten wir Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Langzeitpflege fachlich unterstützen. Sie werden nach bestem Wissen erstellt, können aber nicht alle relevanten Aspekte und ebenfalls keine spezifischen organisationsbezogenen oder individuellen Bedingungen berücksichtigen.

Empfehlung

erstellt am: 12.05.2025

Bei pflegebedürftigen Menschen bestehen verschiedene Risikofaktoren für Stürze, u. a. verringerte Muskelkraft und Beweglichkeit, Sehschwäche, Inkontinenz sowie ein gestörter Gleichgewichtssinn. Mögliche Folgen von Stürzen sind z. B. Wunden, Prellungen oder Knochenbrüche, wie ein Oberschenkelhalsbruch. Hinzukommen können u. a. weitere Mobilitätseinschränkungen und ein steigender Hilfebedarf. Professionell Pflegende können Stürze nicht immer verhindern, haben aber wesentlichen Einfluss auf die Sturzprävention. Ihre Aufgabe ist es, das individuelle Sturzrisiko einzuschätzen und pflegebedürftige Menschen und ggf. Angehörige zur Sturzprävention zu beraten und anzuleiten. Dazu gehört, geeignete Maßnahmen mit ihnen zu vereinbaren, diese umzusetzen und wenn nötig anzupassen. Dabei gilt es, das Sturzrisiko so gut wie möglich zu reduzieren und gleichzeitig Selbstbestimmung und Selbstständigkeit pflegebedürftiger Menschen zu respektieren und zu fördern.

Folgende aus unserer Sicht geeignete Maßnahmen wurden laut Bericht umgesetzt: Hausarzt und Betreuer informiert | Bewegungsmelder angebracht | häufigere Kontrollgänge beim Bewohner

Unsere Tipps zum Vorgehen bei einem solchen Ereignis

  • bei Sturz einer pflegebedürftigen Person Kollegen oder Kollegin zur Hilfe rufen, z. B. per Telefon oder Klingelruf; Erste-Hilfe leisten, ggf. verletztes Körperteil ruhig halten; pflegebedürftige Person nicht unbeaufsichtigt lassen, Sicherheit vermitteln und beruhigen, z. B. „Es tut mir leid, dass das passiert ist. Meine Kollegin kommt gleich zur Hilfe. Ich bleibe so lange bei Ihnen.“
  • Arzt oder Ärztin informieren, dass es zu einem Sturz mit Verletzung gekommen ist; Hergang und Symptome beschreiben; außerhalb der Sprechzeit ärztlichen Bereitschaftsdienst anrufen: 116 117; bei Verdacht auf Oberschenkelhalsbruch Notruf 112 wählen, z. B. bei sichtbarer Dislokation (Verschiebung), Hämatom, Bewegungseinschränkung, starken Schmerzen
  • pflegebedürftige Person über das weitere Vorgehen aufklären; Betreuer oder Betreuerin und ggf. Angehörige informieren
  • ärztliche Anordnung umsetzen, z. B. Röntgenuntersuchung oder Krankenhausaufnahme organisieren, Schmerzmedikation verabreichen
  • Ereignis in Pflegedokumentation sachlich, genau und nachvollziehbar dokumentieren: Situation, Reaktion der pflegebedürftigen Person und ggf. Angehöriger, Folgen, Maßnahmen; dafür auch organisationsinternen Erfassungsbogen nutzen, z. B. Sturzprotokoll
  • nachfolgenden Dienst in der Dienstübergabe informieren: Ereignis, Symptome, erfolgte Maßnahmen, aktueller Status, weiteres Vorgehen
  • Vorgesetzten oder Vorgesetzte über das Ereignis informieren; weitere Maßnahmen abstimmen, z. B. zeitnahen Gesprächstermin mit pflegebedürftiger Person, Betreuer oder Betreuerin und ggf. Angehörigen zum Umgang mit dem Ereignis vereinbaren
  • mit pflegebedürftiger Person, Betreuer oder Betreuerin und ggf. Angehörigen zeitnah über das Ereignis sprechen; keine Vorwürfe machen; zugewandt nachfragen, weshalb nicht geklingelt wurde, um Hilfe zu erhalten (z. B. Missverständnis? Sorge vor Verlust von Selbstständigkeit? Probleme mit der Klingel? Vorbehalte/fehlende Akzeptanz? schlechte Erfahrung?); künftiges Vorgehen besprechen; Beratung und Anleitung zur Sturzprävention anbieten; dabei Recht auf eigene Entscheidung der pflegebedürftigen Person respektieren

Unsere Tipps zur Prävention eines solchen Ereignisses

  • Ereignis bei Dienstübergabe und Teambesprechung reflektieren: über mögliche Ursachen (z. B. mangelnde Beratung und Anleitung) sprechen; organisatorische Maßnahmen vereinbaren, um individuelles Sturzrisiko zu verringern; ggf. multiprofessionelle Fallbesprechung organisieren
  • individuelle Risikofaktoren für Stürze in festgelegten Abständen und bei verändertem Gesundheitszustand identifizieren, z. B. verringerte Muskelkraft, Sehschwäche, Inkontinenz, gestörter Gleichgewichtssinn, Gangunsicherheit, Sturzangst [ein bestimmtes Assessmentinstrument können wir nicht empfehlen]
  • pflegebedürftige Menschen und ggf. Angehörige zur Sturzprävention beraten, z. B. zu Möglichkeiten, Bewegungsfähigkeit zu fördern, Hilfsmittel (z. B. Rollator) richtig zu nutzen, auf sichere Umgebung zu achten, festes Schuhwerk und nicht herunterrutschende Kleidung zu tragen
  • bei Gangunsicherheit pflegebedürftigen Menschen wiederholt Unterstützung anbieten, z. B. Begleitung zur Toilette; regelmäßig bestärken, sich ggf. zu melden, z. B. „Klingeln Sie bitte, wenn Sie zur Toilette möchten. Ich habe Sorge, dass Sie stürzen und begleite Sie gerne.“; sicherstellen, dass der Klingelruf stets erreichbar ist
  • im Team und mit pflegebedürftigen Menschen, Betreuer oder Betreuerin und ggf. Angehörigen besprechen, ob Hilfsmittel zur Sturzprävention individuell sinnvoll sind, z. B. Bewegungsmelder, Alarmtrittmatte
  • bei erhöhtem Sturzrisiko im Team und mit pflegebedürftigen Menschen, Betreuer oder Betreuerin und ggf. Angehörigen besprechen, ob der Einsatz von Hüftprotektoren, einem Niedrigflurbett, einer Sturzmatte oder geteilten Bettseitenteilen in Frage kommt, um sturzbedingten Verletzungen vorzubeugen; freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) vermeiden
  • Räume und Technik in der Einrichtung anpassen: z. B. keine Stolperfallen/Barrieren, gut ausgeleuchtete Räume, ausreichend Handläufe und Sitzmöglichkeiten, funktionierender Klingelruf
  • regelmäßiges Gruppentraining für pflegebedürftige Menschen zur Bewegungsförderung und Sturzprävention in der Einrichtung anbieten; dafür z. B. Förderangebote der Krankenkassen für Pflegeeinrichtungen nutzen
  • Stürze der pflegebedürftigen Menschen in standardisierten Sturzprotokollen erfassen (u. a. Umstände, Folgen); organisationsintern Daten bündeln, in festgelegten Abständen analysieren und Maßnahmen daraus ableiten
  • organisationsinterne Richtlinie zur Sturzprävention überprüfen und ggf. anpassen, z. B. im Qualitätszirkel; dabei auch Hinweise zum Umgang mit eingeschränkter Adhärenz bei pflegebedürftigen Menschen geben; Mitarbeitende hierüber informieren
  • Mitarbeitende regelmäßig zu Sturzprävention schulen; zudem kurze Lerneinheiten (Microlearning), etwa mithilfe von Lernpostern (One-Minute-Wonder), sowie simulatives Lernen (z. B. Room of Horrors) nutzen
  • feste Zeiten und Regeln vereinbaren, um im Team konstruktiv über kritische Ereignisse zu sprechen, z. B. bei Dienstübergaben, in Teambesprechungen, im Rahmen von Fallbesprechungen oder Kollegialer Beratung
  • Instrument nutzen, um kritische Ereignisse anonym zu berichten und zu bearbeiten, z. B. einrichtungsinternes Berichts- und Lernsystem oder einrichtungsübergreifend das Pflege-CIRS

Weitere Infos & Material

Die Empfehlungen sind als fachliche Anregungen zu verstehen und ersetzen nicht die individuelle Rechtsberatung im konkreten Fall. Sie wurden nach bestem Wissen erstellt. Das ZQP übernimmt für die Richtigkeit keine Gewähr und haftet nicht für Schäden.
Stand: 12.05.2025