Kommunikation

Angstgefühle einer Person mit Demenz verstärkt

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Kritisches Ereignis

Darum geht es

Auf Sorgen und Ängste einer Bewohnerin mit Demenz wurde nicht angemessen reagiert, sodass diese sich verstärkten.

Bericht zum kritischen Ereignis/Bericht zum kritischen Ereignis

Originalbericht vom 23.11.2025

Was ist passiert?

Eine in der Orientierung eingeschränkte, pflegebedürftige Person (Mensch mit Alzheimer-Demenz) wurde in ihrer Angst nicht ernst genommen. Sie gab an, sich um ihre Kinder kümmern zu müssen. Nachdem Sie sich mit ihren Sorgen alleine gelassen fühlte und nicht wusste, wie Sie den Wohnbereich verlassen kann, äußerte Sie: "Ich rufe die Polizei". Die Pflegekraft äußerte dann nur, "Dann rufen Sie doch die Plizei".

  • Ja
    Angst wurde verstärkt und das Wohlbefinden deutlich eingeschränkt (psychische Gewalt)
  • Stationäre Pflege (z. B. Altenpflegeeinrichtung)
  • Spätdienst
  • Pflegebedürftige Person (z. B. Klient/‑in, Bewohner/‑in)
  • Andere
    Pflegehelfer
  • Anderes
    Fehlende fachliches Verständnis, fehlendes Wissen über Techniken wie Validation.

Durch besseres fachliches Verständnis (mehr Wissen zur Erkrankung Demenz, den Auswirkungen und Techniken wie Validation und mehr Empathie für pflegebedürftige Menschen mit Demenz.

Es gab ein persönliches Gespräch (mit dem beteiligten Pflegehelfer), die Problematik wurde aber nicht hinreichend verstanden.

  • Ja
    Wieso werden an die Pflege von Menschen mit Demenz nicht höhere fachliche Ansprüche (bessere Ausbildung) gestellt, wie z.B.in der Behindertenhilfe. Zusätzlich gilt die Frage natürlich auch in Bezug auf die strukturellen Voraussetzung für Pflegekräfte und die fehlende Zeit für schöne Momente.
  • Pflegefachperson

Fachliche Empfehlung

Einige Worte vorab: Wir bedanken uns für die Beiträge zum Pflege-CIRS. Über ein kritisches Ereignis zu berichten, kann Überwindung kosten. Gleichzeitig kann es helfen, solchen Situationen künftig vorzubeugen oder möglichst gut damit umzugehen. Mit den folgenden Tipps möchten wir Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Langzeitpflege fachlich unterstützen. Sie werden nach bestem Wissen erstellt, können aber nicht alle relevanten Aspekte und ebenfalls keine spezifischen organisationsbezogenen oder individuellen Bedingungen berücksichtigen.

Empfehlung

erstellt am: 04.12.2025

Werden Sorgen und Ängste pflegebedürftiger Menschen, insbesondere mit Demenz, nicht ernst genommen, kann das negative Gefühle wie Angst und Verzweiflung verstärken, zum Vertrauensverlust gegenüber Pflegenden und schließlich auch zu starker Unruhe und Aggressivität führen. Die Aufgabe professionell Pflegender ist es, Menschen mit Demenz empathisch und fachkompetent zu begegnen. Dazu gehört es, ihre Gefühle ernst zu nehmen und ihnen Sicherheit zu vermitteln.

Folgende aus unserer Sicht geeignete Maßnahmen wurden laut Bericht nach dem kritischen Ereignis umgesetzt: Gespräch mit Pflegehelfer geführt

Hinweis zur fachlichen Frage: Die angegebene Frage kann vom CIRS-Team nicht beantwortet werden, da sie über eine pflegefachliche Einschätzung hinaus geht und einer weiterführenden Diskussion erfordert.

Unsere Tipps zum Vorgehen bei einem solchen Ereignis

  • Kollegen oder Kollegin in der Situation deutlich machen, dass die Reaktion unangemessen ist und unterbrechen, z. B.: „Moment, Frau X wirkt verängstigt, ich übernehme das jetzt mal.“ (Speak Up-Ansatz)
  • an pflegebedürftige Person richten: „Frau X, ich helfe Ihnen. Erzählen Sie mir, was ist gerade Ihre größte Sorge?“; Verständnis vermitteln, z. B. durch Zugewandtheit, Geduld, Validierung
  • zeitnah Gespräch mit dem Kollegen oder der Kollegin suchen: Beobachtung ruhig und sachlich schildern, nicht persönlich angreifen; erläutern, wieso die Reaktion gegenüber der pflegebedürftigen Person problematisch ist und welches Vorgehen richtig ist; fachliche Beratung/Unterstützung anbieten
  • Vorgesetzten oder Vorgesetzte informieren und Maßnahmen vereinbaren, z. B. Angehörige informieren, kurzfristige Teamschulung zur Kommunikation mit Menschen mit Demenz organisieren
  • Ereignis sachlich, genau und nachvollziehbar dokumentieren: Wer? Was? Warum?; Beobachtungen zum Befinden, erfolgte Maßnahmen; außerdem Ereignis bei Dienstübergabe berichten
  • als Vorgesetzter oder Vorgesetzte zeitnah mit dem Mitarbeiter bzw. der Mitarbeiterin über das Ereignis sprechen: konkret verdeutlichen, wie in solchen Situationen gehandelt werden muss, Unterstützung anbieten und weitere Maßnahmen besprechen, z. B. Schulung zum Umgang mit Menschen mit Demenz

Unsere Tipps zur Prävention eines solchen Ereignisses

  • Ereignis in Teambesprechung reflektieren: mögliche Ursachen (z. B. fehlendes Wissen, Überforderung im Umgang mit Menschen mit Demenz), Risiken sowie mögliche Folgen besprechen; Maßnahmen vereinbaren, um ein solches Ereignis künftig zu vermeiden; hierzu Zuständigkeiten festlegen
  • bei Verhaltenssymptomen pflegebedürftiger Menschen mit Demenz, z. B. Angst oder Unruhe, möglichst umfassend denkbaren Auslösern nachgehen, z. B.: neue Umgebung? Durst? Schmerzen? Ggf. Angehörige kontaktieren und um Einschätzung des Verhaltens bitten
  • im Team Verhaltens- und Kommunikationsregeln zum Umgang mit Menschen mit Demenz vereinbaren und dokumentieren, z. B. Qualitätszirkel oder Teambesprechung dafür nutzen
  • Mitarbeitende regelmäßig zum Umgang mit Menschen mit Demenz schulen; kurze Lerneinheiten (Microlearning) einführen, etwa mithilfe von Lernpostern (One-Minute-Wonder), z. B. zur gewaltfreien Kommunikation; auch zu ethischer Handlungskompetenz fortbilden (z. B. ZQP-Arbeitsmaterial zur Pflege-Charta sowie ICN-Ethikkodex nutzen), ggf. Ethikberater oder Ethikberaterin einbeziehen
  • organisationsinterne Verfahrensanweisung zum Umgang mit Menschen mit Demenz erstellen, z. B. im Qualitätszirkel; dafür z. B. Expertenstandard Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz nutzen; Mitarbeitende hierüber informieren
  • organisationsinternes Gewaltschutzkonzept implementieren; darin u. a. Verhaltenskodex und Umgang mit kritischen Ereignissen festhalten; zudem unterstützende Strukturen schaffen, z. B. Beauftragte für Gewaltprävention benennen und Aufgaben klar definieren

Allgemeine Tipps zum Umgang mit kritischen Ereignissen

  • feste Zeiten und Regeln vereinbaren, um im Team konstruktiv über kritische Ereignisse zu sprechen, z. B. bei Dienstübergaben, in Teambesprechungen, im Rahmen von Fallbesprechungen oder Kollegialer Beratung
  • prinzipiell kritisch empfundenes Verhalten von Kollegen oder Kolleginnen nicht verharmlosen, sondern unterstützend und lösungsorientiert ansprechen; sich gegenseitig dazu ermutigen
  • kurzfristige, situationsbezogene Fortbildungen organisieren
  • Instrument nutzen, um kritische Ereignisse anonym zu berichten und zu bearbeiten, z. B. einrichtungsinternes Berichts- und Lernsystem oder einrichtungsübergreifend das Pflege-CIRS

Weitere Infos & Material

Die Empfehlungen sind als fachliche Anregungen zu verstehen und ersetzen nicht die individuelle Rechtsberatung im konkreten Fall. Sie wurden nach bestem Wissen erstellt. Das ZQP übernimmt für die Richtigkeit keine Gewähr und haftet nicht für Schäden.
Stand: 04.12.2025